Transformation: andauernd, radikal und kreativ

Wurde das Wort Transformation bis vor einigen Jahren kaum verwendet, so wird es spätestens seit der digitalen Transformation und im Zusammenhang mit der Corona Krise oft gleichbedeutend mit Change Management benutzt. Aber zwischen beiden Begriffen gibt es Unterschiede: Nicht jeder Change ist eine Transformation. Eine organisationale Transformation findet tiefgreifender und meist länger statt. Ein gutes Bild für Transformation ist eine Metamorphose.

Change Management: Musterwechsel und Messbarkeit
Change Management reagiert meist auf Defizite wie z.B. Umsatz, Qualität, Fluktuation. Change wird dabei organisiert wie ein Projekt mit einem Fahrplan oder einer Architektur. Oft werden dabei Strukturen verändert, z.B. Teams zusammengelegt oder Bereiche und Arbeitsaufgaben sowie Rollen neu sortiert. Erfolgsfaktoren dafür sind z.B. die Einbindung der Führungskräfte und der Mitarbeiter, Schaffung einer attraktiven Perspektive, Kommunikation von Quick Wins etc. Ziel ist es oft, neues Verhalten einzuüben und alte Muster zu überwinden. Der gewünschte Sollzustand ist bekannt und die Zielerreichung ist klar messbar (Qualität stimmt wieder, Umsatztrend stabilisiert, Fluktuation gebremst).

Transformation: radikal, unberechenbar und andauernd
Transformationsprozesse sind radikaler und beziehen sich auf viele Unternehmensbereiche. Anders als beim Change Management ist es oft eine langandauernde ev. sogar nicht endende Transformation. Die Organisation erfindet sich im Extremfall immer wieder neu. Transformationen sind noch unberechenbarer als Changeprozesse, die Transformationsziele sind visionär, Altes wird umgewälzt, das bisher gültige Geschäftsmodell neu erfunden. Transformation heißt also für ein Unternehmen, sich neu zu erfinden vergleichbar mit der Metamorphose eines Schmetterlings, bei der vom Übergang von der Raupe zum Schmetterling das genetische Material vollständig umgewandelt wird. Das transformierte Unternehmen ist im Vergleich zum alten Unternehmen nicht wieder zu erkennen, hat völlig neue Eigenschaften, ein neues Selbstverständnis, eine neue Identität und neue Fähigkeiten. Es könnte sein, dass nach der Corona-Krise sehr viele Unternehmen aus bisher funktionierenden Branchen sich Transformationsprozessen unterziehen werden, die in Automobilbranche oder im Finanzsektor längst begonnen haben.

Erfolgreiche Transformation: kreative Metamorphose mit langem Atem
Die Erfolgsaussichten für erfolgreiche Transformationen sind mit 30% bis 50% noch geringer als bei Change Management Vorhaben. Soll ein Geschäftsmodell transformiert werden, lohnt es sich mit guter Datenanalyse und echtem Perspektivenwechsel durch z.B. Elemente aus dem Design Thinking auf die neuen Kundenbedürfnisse zu blicken. Transformationen erfolgreich zu führen, bedeutet nicht nur viel Change Management Erfahrung zu haben, sondern auch kreativ und experimentierfreudig zu sein. Umwege zu gehen, Fehler zu machen und daraus zu Lernen sind genauso wichtige Bedingungen für Transformationen wie das Abgeben von Kontrolle und emphatische und intensive Kommunikation. Noch mehr als Change Prozesse brauchen erfolgreiche Transformationen sehr gute Führungsteams aus neuen und bestehenden Führungspersönlichkeiten mit entsprechender Reife und gutem Standing. Ihre einzige und kraftvolle Story muss alle Stakeholder permanent und kontinuierlich einbeziehen. Ein zentrales mit dem CEO verbundenes Transformation Management Office (TMO) unterstützt den Prozess. Wo Change Prozesse nach 12 Monaten eventuell schon sichtbare Veränderungen zeigen, fängt eine mehrjährige Transformation erst richtig an. Das Führungsteam muss bei einer Transformation über einen langen Zeitraum den Kurs halten und anders als beim Change Management nicht nur die betroffenen Mitarbeiter einbeziehen sondern ein breites System von z.B. Aktionären, Partnern und Kunden gewinnen. Und das oft in dynamischen Umfeldern nach bereits durchlebten Krisenlagen.  Die Langfristigkeit und die Ungewissheit von Transformationsprozessen wird z.B. an der Automobilindustrie deutlich: Kein Manager kann dort mit Sicherheit wissen, wie in 10 oder 15 Jahren Autos konstruiert sein werden, wer ernste Mitbewerber sein werden oder wie unser individueller Verkehr bei zunehmendem Klimawandel in der Stadt oder auf dem Land aussehen wird. Entscheider dort können sich nur an Trends und Annahmen orientieren. Spätestens seit der Corona-Krise, die die globale Wirtschaft erschüttert hat, müssen sich nun alle Unternehmen aktiv mit ihrer Zukunft auseinander setzen. 

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Transformation: andauernd, radikal und kreativ

 

Quellen:
“Change und Transformation – Ein paar Schuhe“ von Dr. Frank Behrend
Change oder Transformation? Unterschiede in Veränderungsprozessenvon Dr. Georg Kraus
Transformation Champions: Sieben Erfolgsfaktoren für die Transformation